Autismus neu verstehen

Das „Verstehen“ stellt eine wesentliche Voraussetzung dar, um eine Brücke zu einem anderen Menschen herzustellen. Verstehen heißt noch nicht akzeptieren, sondern meint die Bedürfnisse eines Verhaltens zu erkennen und den Anderen so anzunehmen wie er ist. Die Annahme des Kindes und das Erkennen der Bedürfnisse, die sich hinter seinem Verhalten verbergen, sind wesentliche Voraussetzung für unser tägliches Handeln. Das besondere Fühlen, Handeln und Denken des autistischen Kindes macht es uns jedoch schwer, seine Bedürfnisse zu erkennen. Hier scheinen uns die sonst so vertrauten Fundamente des zwischenmenschlichen Kontaktes zu fehlen, um eine stabile Brücke zu bauen. Das spezifische Verhalten des Kindes fordert uns täglich auf eine fundamentale Art und Weise heraus, uns mit seinen Handlungen und seinen besonderen Wesenszügen auseinanderzusetzen. Vielleicht zeigt es uns damit einen Weg, uns auf die Suche zu machen, um die Bedürfnisse und das Erleben, welches hinter seinen Verhalten steht, zu verstehen. „Denn es gibt keine Handlung ohne Grund, und das, was ein Kind spontan tut, entspricht immer seinen tiefen Motivationen. An uns liegt es, zu verstehen, was dieses Tun wirklich ausdrückt - und dadurch auf unser eigenes Tun zu antworten (Aucouturier / Lapierre 1982 in Esser 1998 S. 22)